Evita-Mannheim

 

 Am vergangenen Sonntag durfte ich das Kultmusical "Evita", geschrieben von Tim Rice mit Musik aus der Feder von Andrew Lloyd Webber, in Mannheim besuchen.

 

Das Stück basiert auf der tragischen Geschichte der Eva Duarte De Peron, geboren 1919 in der Nähe von Junin, weibliche Stimme Argentiniens, sowie Ehefrau des Präsidenten Juan Peron. Auch ``Evita`` genannt, wuchs sie mit vier weiteren unehelichen Geschwistern in Los Toldos auf, bis sie im Alter von 15 Jahren das zu Hause verließ und nach Buenos Aires ging. Dort wurde sie zu einem erfolgreichen Modell, Radiosprecherin und Filmschauspielerin.

 

Das Stück beginnt mit dem Tod der Evita. Die Musiker kommen nach und nach auf die Bühne und beginnen leise Musik zu spielen, Menschen tanzen, bis Che (Sascha Krebs" die Bühne betritt und die traurige Nachricht des Todes von Evita überbringt. Ein spitzer Schrei, die auf der Bühne sehr zentral platzierte Treppe wird gedreht und dort liegt sie, die tote Evita, bedeckt von einem Tuch. Scheinbar. Erst als Che das Leichentuch von ihr zieht, erkennt der Zuschauer, dass der Tod persönlich unter diesem liegt. Der Tod (Sandra Maria Germann) ist in der Inszenierung von Georg Veit ein eigener Charakter, welcher immer wieder an der Seite von Eva Duarte auftaucht und sie stets begleitet.

Nun nimmt das Stück mit der Begegnung von Eva (Roberta Valentini) und ihrem zukünftigen Geliebten Magaldi (Markus Beisel) die eigentliche Handlung auf. Er ist es, den sie damals nach Buenos Aires begleitete und sie dort allerdings sehr bald sitzen lässt. Doch schnell ist sie über den Schmerz der Trennung hinweg und macht sich andere Männer zu Nutze. Denn dank ihnen steigt sie immer weiter auf. Schnell beginnt ihre Modellkarriere, sowie die Karriere im Radio und im Film. Auf einer Wohltätigkeitsgala trifft sie auf Juan Domingo Peron (Sascha Bauer) und nach einer gemeinsamen, geheimen Nacht sehen sie, wie nützlich sie sich gegenseitig sein können. Durch die Reichweite ihrer Radiosendung und den immer größer werdenden Ungerechtigkeiten dem einfachen Volk gegenüber, aus dessen Kreisen Evita ebenfalls kommt, gelingt ihr der Sprung in die Politik. Dank der Nähe zu Gewerkschaften, schafft Juan Peron es, zum Präsidenten gewählt zu werden. Die Beiden heiraten und sprechen zum Volk. Eva bereitet eine Tour durch Europa vor, die sogenannte "Regenbogen-Tour", um noch populärer zu werden. Doch nur Spanien scheint überzeugt, während Italien, Frankreich und England ihr die kalte Schulter zeigen. Nach dieser Tournee kehrt Evita zurück, und Che erinnert sie an ihr eigentliches Anliegen. Den Armen zu helfen. Daraufhin gründet sie ihre eigene Stiftung, natürlich getauft mit ihrem Namen. Auch hier taucht Che auf und versucht dem Zuschauer zu vermitteln, auf welche unangebrachte Art und Weise Evita die Spendengelder einfährt. Mittlerweile wird Evita als "Santa Evita", also als Heilige des Volkes angesehen. Sie hilft dem Volk, ohne (scheinbar) selber davon zu profitieren. Langsam zeigt sich jedoch, dass Eva Duarte körperlich angeschlagen ist, sie ganz schleichend ihre Kräfte verlassen. Während Peron sie davon abhalten möchte Vize-Präsidentin zu werden, wird Evita plötzlich klar, dass Peron nicht nur des Ruhmes wegen mit ihr verheiratet ist, sondern sie wirklich liebt. Am Ende ihres Lebens schwört sie ein letztes Mal Treue für Argentinien, bittet um Vergebung. Ihr Leben endet erneut mit dem spitzen Schrei, der schon zu Beginn des Stückes ertönte. Nach ihrem Tod gibt Che bekannt, dass durch Spendengelder nur noch ein Sockel für ihr Mausoleum erbaut worden ist. Ihre Leiche verschwand im Ausland für 17 Jahre.

 

Das Bühnenbild besteht zum größten Teil aus einer großen Holztreppe, die in verschiedene Richtungen gedreht werden kann, um verschiedenste Räumlichkeiten darzustellen. Ergänzt wird alles durch einen Tisch, Stühle, sowie verschiedene Requisiten, die von den Darstellern mit auf die Bühne gebracht werden. Dies ist absolut ausreichend und bringt immer wieder die passende Stimmung auf die Bühne zurück.

 

Die Kostüme sind sehr zeitgemäß und schlicht gehalten. Nur die noble Oberschicht ist aufregend gekleidet, mit großen Hüten und Reifröcken, die allerdings nicht von Kleidern verdeckt werden. Auch Evita ist in ihrer Höchstform in Pelze und Felle gehüllt, um darzustellen wo sie steht, bleibt aber in den meisten Szenen schlicht gekleidet.

 

Da ich Stücke, die eine reale Person thematisieren immer äußert spannend finde, muss ich hier zugeben, dass es mich wieder dazu gebracht hat, vieles über "Evita" zu lesen. Das mag in dieser Inszenierung aber auch der optimalen Besetzung geschuldet sein.

 

Roberta Valentini als Evita war ein echter Glücksgriff. Sie überzeugte nicht nur mit den obersten Tönen ihrer Rolle, sondern auch mit Schauspiel auf höchstem Niveau. Alle Facetten der Eva Duarte stellte sie sehr realistisch dar und konnte die Zuschauer auch emotional mit durch die Geschichte nehmen. Ihr großes Solo "Wein nicht um mich Argentinien" wurde von reinen Gefühlen getragen und erfüllte den Raum. Doch mein ganz persönliches Highlight war "Du nimmst den Koffer wieder in die Hand".

 

Che wurde von Sascha Krebs verkörpert, den ich bisher nur von Konzerten kannte. Stimmlich hat er mir immer gut gefallen und nun fand ich es sehr aufregend, in endlich mal in einer Rolle zu sehen, die dann auch noch so gut zu ihm passt. Frech, ehrlich und sehr präsent gibt er sich als Che auf der Bühne und reißt den Zuschauer immer wieder aus der Illusion der perfekten Geschichte der Eva Duarte.

 

Sascha Bauer spielt den Peron in dieser Version. Stimmlich ein absoluter Genuss und auch schauspielerisch hat er mich sehr mitgerissen. Er spielt die Zerrissenheit, sowie die Liebe zu Evita toll aus. Seine Wutausbrüche auf der Bühne lassen die Zuschauer, dank seiner sehr voluminösen Stimme, gerade auf den Stühlen sitzen.

 

Evitas erster Liebhaber, Magaldi, wurde von Markus Beisel verkörpert. Seine schmierige und aalglatte Art wird nicht nur durch seine tolle Frisur verdeutlicht, nein auch seine Ausstrahlung unterstreicht dies immer wieder. Er hat mir stimmlich gut gefallen.

 

Sandra Maria Germann spielte den Charakter des Todes. Ich denke, eine sehr schwierige Aufgabe, doch durch ihre Ausstrahlung hat sie diesen Teil toll gemeistert. Ihre Choreos waren sicher ausgetanzt und sehr ausdrucksstark. Wirklich interessant den Tod als Person auf der Bühne zu sehen.

 

Das gesamte Ensemble (hierzu zählen Rosa Sutter, Annette Potempa, Sabrina Stein, Matthias Eschli, Manuel Weinmann) gab ein sehr harmonisches Bild ab. Gesanglich und Tänzerisch ergänzten sie sich gut und unterstützten den argentinischen Flair in den Bars oder auch die noble Oberschicht, die Eva Duarte nie akzeptierte.

 

Begleitet wird diese wunderbare Besetzung von einer kleinen Band, die ebenfalls auf der Bühne, rechts vom Geschehen, positioniert wurde. Vollkommen ausreichend, jedoch würde ich persönlich auch gerne mal wieder ein großes Orchester erleben, besonders in diesem Stück, dass durch große Melodien getragen wird.

 

Insgesamt eine äußerst gelungene und moderne Inszenierung eines Kultstückes, welches schon seit Jahrzehnten die internationalen Bühnen bespielt. Ich kann es wirklich jedem ans Herz legen, der vielleicht mal eine andere Variante des Stückes erleben möchte.

 

Das Musical spielt (bisher geplant) noch drei Mal im nächsten Jahr, also nutzt diese Spieltermine um einen tollen Abend zu erleben!

 

Bis zum nächsten Mal,

 

 

Eure Judith

 

PS: Alle hier angezeigten Bilder sind gemacht von René van der Voorden.