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West Side Story in Dortmund

Am Silvester-Nachmittag ging es für mich zur Matinee von "West Side Story" im Opernhaus in Dortmund. Bereits zwei Jahre zuvor war ich vor Ort und besuchte die Vorstellung von "Sunset Boulevard". Demnach war ich sehr gespannt, wie Gil Mehmert wohl dieses Stück nun inszeniert hat.

 

Das Bühnenstück ``West Side Story``, geschrieben von Arthur Laurents, komponiert von Leonard Bernstein und Stephen Sondheim, ist eines der ältesten und bekanntesten Musicals weltweit. Die ersten Ideen entstanden bereits 1949, es dauerte allerdings bis zum Jahr 1957, um das Stück fertigzustellen. Seitdem ist „West Side Story“ aus den weltweiten Theatern kaum noch weg zu denken. Die Grundidee war eine moderne Variante von dem Liebesdrama "Romeo und Julia" (William Shakespeare) zu erschaffen. Es spielt in den fünfziger Jahren in New York City und behandelt den Straßenkampf zweier Banden, zwei jugendliche Gruppen, den US-amerikanischen Jets und den Einwanderern, den puerto-ricanischen Sharks, die sich gegenseitig terrorisieren.

In Mehmerts Inszenierung kommen die Jets auf die Bühne und tanzen ihre erste Choreografie, bis die Sharks auftauchen. Es kommt zu ersten Rangeleien, doch Polizist Krupke (Johannes Knecht) kann Schlimmeres verhindern und trennt die beiden Gruppen voneinander. Um die beiden Gruppen zusammenzuführen, sollen sie an einem Tanzabend miteinander tanzen. Wenig begeistert stimmen beide zu. Die Jets brauchen jedoch Unterstützung, ihr Gang-Anführer Riff (Markus Schneider) schlägt das ehemalige Mitglied Tony (Anton Zetterholm) vor. In der nächsten Szene wird dieser in das Vorhaben eingeweiht und für die Bande zurückgewonnen. Die Szene wechselt und der Zuschauer kann beobachten, wie die puerto-ricanische Maria (Irena Flury) ein Kleid von ihrer Schwester Anita (Dorina Garuci) überreicht bekommt, das sie zu ihrem ersten Tanzabend tragen darf, dem sie mit großer Aufregung entgegenfiebert. Als es dann so weit ist verweigern die Gruppen jeglichen Kontakt, bis sich Maria und Tony gegenüber stehen. Es scheint Liebe auf den ersten Blick zu sein und schon kommt es zum ersten Kuss. Bernardo (Sascha Luder), Marias Bruder und der Mann von Anita ist sichtlich empört und fordert die Jets zum Kampf auf, doch bevor es eskalieren kann, verhindert Tony schlimmeres. Er beschließt einen Zwei-Kampf zwischen den Stärksten der jeweiligen Bande für den folgenden Tag. Am nächsten Tag soll es dann zu diesem Kampf kommen, nachdem Tony (in der wohlbekannten Balkonszene) bei Maria war um sie wiederzusehen und ihr seine Liebe zu gestehen.An jenem Abend verspricht er ihr, den Kampf am nächsten Tag zu verhindern. Es kommt doch zum Kampf, der drastisch eskaliert, sodass Riff sowie Bernando zu Tode kommen. Bernando wird durch die Hand von Tony getötet, der so empört über die Ermordung seines besten Freundes war, dass er es dem Mörder geistesgegenwärtig gleich tut. Unmittelbar nach der Tat kommt Tony jedoch wieder zu sich und ist so schockiert über seine Tat, dass er flieht. Er eilt sofort zu Maria um ihr von der Tat zu erzählen, die im selben Moment mit ihren Freundinnen zusammen sitzt und sich sicher ist, dass Tony diesen Kampf verhindert. Chino (Nico Hartwig), von den Sharks, erreicht nach dem blutigen Kampf Maria zuerst und erzählt ihr von dem schrecklichen Ausgang. Als Maria und Tony aufeinander treffen, beteuert er, dass es ein Versehen war und sie träumen von einer gemeinsamen Zukunft weit weg. Anita versucht, nach Tonys Flucht, Maria von dieser Liebe abzuraten, doch Maria überzeugt sie und bittet sie, zu Tony zu gehen und ihm die Nachricht für ein Treffen zu überbringen. Sie macht sich sofort auf den Weg, doch die Jets wollen sie nicht zu Tony lassen, versuchen stattdessen sie zu vergewaltigen, bis Doc (Axel Gottschick) dazwischen geht. Aus Rache erzählt sie, dass Chino Maria aus Wut erschossen habe und flieht. Als Tony diese Nachricht erreicht, läuft er wirr durch die Straßen und fleht Chino an, ihn auch zu erschießen. In dem Moment, als Tony und Maria sich begegnen, ist auch Chino vor Ort und schießt. Noch in ihren Armen stirbt Tony, Maria trauert und droht alle erschienenen Gang-Mitgliedern zu erschießen, nachdem sie Chino eben diese abgenommen hat. Schlussendlich legt sie die Waffe dann aber nieder. In einem Trauerzug durch die Straßen, Arm in Arm, verabschieden sie sich von Tony.

 

Zuerst komme ich zum Kostüm- und Maskenbild, welches an sich sehr gelungen war. Es war deutlich zu erkennen, wer zu welcher Gang gehörte. Ebenso hatten die meisten Mitglieder irgendwo ein Zeichen auf sich abgebildet, das es noch mal verdeutlichte. Alle Kleidungsstücke waren zeitgemäß und verbildlichten den Unterschied zwischen den beiden Mentalitäten. Das Maskenbild war leider, wortwörtlich,ziemlich dick aufgetragen. Auch aus der 5. Reihe konnten wir Schichten an Schminke sehen, die nicht nötig gewesen wären. Wiederum waren die Wunden, die deutlich mehr hätten hervortreten dürfen, sehr nüchtern dargestellt.

 

Das Bühnenbild hat auf ganzer Linie überzeugt. Links und rechts Häuserfassaden, sowie eine große Straße auf einem Plakat am Kopf der Bühne. Dazu gab es ein bewegliches Teil, im Zentrum der Bühne, welches von allen vier Seiten bespielt werden konnte. Die Szenen die hier bespielt werden konnten, waren die Tankstelle, die Schneiderei, sowie Toiletten und die Autowerkstatt. Außerdem wurden immer wieder Autos und Mopeds über die Bühne gefahren, was die Straßenszenerie glaubhaft und lebendig gemacht hat.

 

Nun zu den einzelnen Darstellern:

 

Anton Zetterholm verkörperte an diesem Abend die Rolle des Tonys und meisterte dies mit Bravour. Gesanglich, sowie schauspielerisch konnte man ihm seine Liebe, seinen Spaß, aber auch seine Trauer und die Betroffenheit brachte er realistisch aber keineswegs aufgesetzt oder übertrieben rüber. Er harmonierte mit Irena Flury, seiner Maria, perfekt und man konnte ihre Liebe im Publikum spüren.

 

Irena Flury, die bisher aus der österreichischen Produktion "I am from Austria" bekannt ist, überzeugte mich als Maria. Sie spielte die verspielte und kindliche Art optimal, ließ das Publikum immer wieder mit lachen. Eine ganz bezaubernde Stimme ergänzte das Gesamtbild.

 

Anita, die von Dorina Garuci gespielt wurde, überzeugte mit ihrer Alt-Stimme auf voller Linie. Sie passte einfach perfekt in die Vorstellung, die ich für Anita hatte. Sei es vom Aussehen wie auch stimmlich. Trotz ihres zarten Körperbaus, legte sie stimmlich voll los und auch sie harmonierte optimal mit Maria, der Schwester ihres Bruder. Ein Genuss war es, den Beiden zusammen zu lauschen.

 

Einen Namen habe ich bisher nicht erwähnt, da die Rolle nicht wirklich tragend ist, jedoch ein unfassbar schönes Solo singt. Anybody's(Esther Conter) ist mehr oder weniger Teil der Jets, welches von den anderen Mitgliedern meist vermieden wird, denn Anybody's ist ein Mädchen, das sich allerdings eher als Junge gibt und unheimlich gerne zu den Jets gehören möchte. Erst im zweiten Akt bekommt sie richtig Aufsehen, als sie das scheinbar zusammenführende Lied "Somewhere", durch ein Megafon singt, um alle zu erreichen. Wieso dies dann auch tontechnisch durch das Megafon geleitet wird, statt es nur als Requisite zu nutzen, bleibt für mich fraglich. Conter hatte mich schon beim ersten Ton gefangen und brachte mit ihrer klaren, weichen Stimme die Emotionen gut rüber. Schade, dass sie nur diesen Solo-Auftritt hatte.

 

Bernardo und Riff überzeugten leider nur tänzerisch, ohne Solos. Sie vereinen ihre Stimmen lediglich zusammen mit ihren Gruppen, was aber sehr gut zu harmonieren scheint. Die meisten Ensemble-Mitglieder dieses Abends kamen von der Universität "Folkwang", aus dem zweiten und dritten Jahrgang. Die jungen Nachwuchs-Darsteller überzeugen mit ihren Choreographien und ihren Ensemble-Gesängen, jedoch passten nicht alle bildlich in ihre Rollen. Das war ziemlich schade, denn so fehlte der Eindruck einer einheitlichen und harmonischen Gruppe.

 

Allgemein war ich tatsächlich nicht sehr überzeugt von dieser Produktion. Allgemein beinhaltet dieses Stück wenig Geschichte mit vielen Choreos und ein paar Ohrwürmern. Die Darsteller waren gut gewählt, doch hier war leider das Alter des Stückes zu merken, wenn man im Voraus einige moderne Stücke gesehen hat. Dieser Vergleich ist doch sehr deutlich zu bemerken.

 

Normal würde ich nun den Tipp geben, sich dieses Stück, wenn möglich, auch noch anzusehen um sich ein eigenes Bild zu bilden. Jedoch sind alle weiteren Vorstellungen für die West Side Story in Dortmund restlos ausverkauft.

 

Also, bis bald,

 

Eure Judith