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Anastasia- Stuttgart

Am Dienstag, den 23.07.2019 habe ich endlich meine Reise nach Stuttgart und gleichzeitig nach Russland, ins Land der Zaren, antreten können. Dort besuchte ich am Dienstagabend die Vorstellung von Anastasia, auf die ich sehr gespannt war. Über die Geschichte kannte ich nicht viel, lediglich die kindlichere Version des Films, und war somit sehr gespannt auf den Abend.

 

Nach der Flucht der Zarenmutter, die nach Paris zieht, wird die Zarenfamilie durch das Volk Russlands gestürzt. Nur die Tochter Anastasia (Judith Caspari) scheint überlebt zu haben, wächst aber nach Gedächtnisverlust in einem Kinderheim auf und weiß nicht, dass sie zur adeligen Familie gehören soll. Durch einen Zufall trifft sie im späteren Leben auf Dimitri (Milan van Waardenburg) und seinen Kollegen Wlad (Thorsten Tinney), die in ihr die Zarentochter Anastasia sehen. Sie bereiten sie auf diesen Auftritt vor, um die ausgesetzte Belohnung der Zarenmutter zu erhalten. Währenddessen werden sie ständig von Gleb (Matthias Edenborn), einem Soldaten, beobachtet und auch befragt. Er ist der Sohn des Mannes, der die Zarenfamilie damals gestürzt hatte. Sein Sohn war beauftragt, es zu Ende zu bringen, sollte ein weiteres Mitglied der Zarenfamilie auftauchen. Nach einer beschwerlichen Reise nach Paris, trifft sich Anastasia mit ihrer "Nanna" (Masha Karell), die zwar zu merken scheint, dass eine Verbindung besteht, stößt sie aber absolut von sich. Erst als Anastasia wutentbrannt das Hotel verlassen will, weil sie von Dimitri enttäuscht ist, taucht dort die Zarenmutter auf und scheint endlich ihre Enkelin Anastasia in Anja zu erkennen. Wlad trifft zeitgleich auf seine damalige Geliebte Lily (Patricia Nessy). Doch das Ende steht offen, Anja läuft ihrer Liebe Dimitri nach und weiterhin steht die Frage offen, ob es die Zarentochter Anastasia Romanow wirklich gegeben hat oder ob Anja sich nur als die nächste für die Rolle vorbereitet hat, und die Verzweiflung der Zarenmutter ihr nur einen Streich gespielt hat.

 

Positiv überrascht war ich über die liebevoll-gestaltete Inszenierung. Das Bühnenbild bestand aus drei Elementen, die jeweils von den Seiten der Bühne aufgefahren wurden. So stellten sie verschiedene Räume wie zum Beispiel den Ballsaal, die Räumlichkeiten der Zarenmutter oder auch das Büro der Soldaten dar. Dazu kamen größere Bühnenteile, wie die Logen des Ballettsaals und Tresen der russischen Bar in Paris. Um die gewissen Szenen zu unterstreichen, wurde mit einer großen Leinwand mit Projektionen gearbeitet. Tatsächlich hat dies die Szenen toll unterstrichen und spiegelte die richtige Atmosphäre wieder. Alles war sehr detailreich dekoriert und gestaltet.

 

Aber ganz besonders das Kostümbild ließ mein Herz höher schlagen. Pompöse Roben, glitzernde Kleider und tolle Uniformen machten das ganze Bild perfekt. Die Straßenszenen spiegelten die Atmosphäre Russlands wieder. Dicke Mützen und Mäntel, gedeckte Farben, teilweise abgenutzt und dreckig, wie man es sich kurz nach einem Krieg vorstellt. Währenddessen sind die Szenen der Zarenfamilie äußerst prunkvoll. Anja trägt zum Ballett ein wundervolles blaues, enges Kleid. Verziert mit Perlen und einer Schleppe. Etwas später taucht sie in einem atemberaubenden roten Kleid auf. Eine enge Korsage, dann ein weitfallender Rock mit Schlitz, durch den man ein enges Unterkleid erkennen kann. Auch dieses Kleid ist verziert mit goldenen Glitzerelementen. Aber auch die Zarenmutter trägt meist dunkle, aber prunkvolle Kleider. Genau das gab der Produktion, meiner Meinung nach, des perfekten Schliff.

 

Als Anja bekamen wir die deutsche "Ur-Anja" Judith Caspari zu sehen. Sie passte rein optisch schon optimal in die Rolle, konnte dieses Denken durch ihre bezaubernde Stimme aber noch unterstreichen. Durch ihre Art spiegelte sie das junge aber temperamentvolle Wesen der Anja wieder. Schauspielerisch eine tolle Leistung, sie schaffte es immer wieder mich in diese Welt zu entführen. Stimmlich war sie bombastisch, sang die starken Balladen mit wenig Anstrengung, die ruhigen Passagen mit viel Gefühl. Es war ein Genuss ihr zu lauschen.

 

Milan van Waardenburg verkörperte die Rolle des Dimitri. Dafür finde ich kaum Worte, es war einfach perfekt. Seine Stimme ist unfassbar stark und gefühlvoll. Schauspielerisch ebenfalls eine tolle Leistung. Wenn nicht Anjas, mein Herz hat er auf jeden Fall gewonnen.

 

Unser Wlad spielte Thorsten Tinney. Er unterstützt als Freund und Helfer seinen Kollegen Dimitri bei der Lüge um die Zarentocher. Er brachte oft ein wenig Stimmung und Lockerheit in die düsteren Szenen. Aber besonders erheiternd war sein Duett "Die Gräfin und der Bürgersmann" mit seiner geliebten Lily, die er noch aus der Zaren-Zeit kannte. Die beiden harmonierten super und brachten das Publikum zum Lachen. Unsere Lily wurde von Patricia Nessy gespielt. Als Dienerin der Zarenmutter war sie sehr hilfsbereit und liebevoll, ließ es aber stimmlich und tänzerisch in der russischen Bar krachen.

 

Der Soldat Gleb wurde durch Matthias Edenborn verkörpert. Stimmlich und schauspielerisch eine tolle Leistung. Er spielte die Zerissenheit und die Emotionen gut aus, die er bei dem Kampf mit Anja fühlt. Denn eigentlich hat er doch ein gutes Herz und will nicht sein wie sein Vater. Nur seine Mono- und Dialoge waren leider sehr schwer zu verstehen. Das war extrem schade, da es sicherlich einige wichtige Informationen enthalten hat.

 

Als Zarenmutter war an diesem Abend Masha Karell zu sehen. Von dieser Frau bin ich ebenfalls begeistert. Sie spielte die Verzweiflung der Zarenmutter so stark aus, dass es mir eiskalt den Rücken runter lief. Auch Gesanglich war sie sehr stark und harmonierte mit ihren Gesangspartnern sehr gut.

 

Unsere kleine Anastasia wurde von Mika Lilli Besser verkörpert. Ein kleines Mädchen zum dahin schmelzen. Sie hat ihre Rolle so süß und herzzerreißend gespielt.

 

Das Ensemble war ebenfalls sehr stark. Neben einigen tollen Ensemble-Stücken, konnten sie mit aufwendigen Choreographien punkten. Nur leider waren auch hier die Dialoge nicht gut zu verstehen, das war etwas schade. Trotzdem ein Genuss, sie anzusehen und anzuhören.

 

Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich wirklich positiv überrascht bin, was Stage-Entertainment aus der Broadway-Produktion gezaubert hat. Besonders das Kostümbild hat es mir wirklich angetan, aber auch alle Sänger/Tänzer waren top und haben ihren Teil zu dem tollen Abend beigetragen. Auf jeden Fall sehenswert und ich fände es wirklich schade, wenn das Stück , nach der Spielzeit in Stuttgart, in der Versenkung verschwinden würde.

 

Bis zum nächsten Mal,

 

Eure Judith