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Otello darf nicht platzen in Bielefeld

 

Am Donnerstag ging es für mich sehr spontan ins Theater Bielefeld, wo ich mir "Otello darf nicht platzen" anschauen durfte. 1986 wurde dieses Stück bereits als klassische Schauspiel-Komödie von Ken Ludwig am West End uraufgeführt. Erst 2010 wurde es als Musical, mit Musik und Text von Brad Carroll und Peter Sham aufgeführt. Nun durfte auch das Theater Bielefeld in den Genuss dieser sehr humorvollen Komödie kommen.

 

Die meiste Zeit des Stückes spielt in einem Hotel in Ohio, ca. 1934. Dem Operndirektor Henry Saunders (Dirk Audehm)  gelingt es, den italienischen Star-Tenor Tito Merelli (Joshua Farrier) für die Titelrolle "Otello", der gleichnamigen Oper zu gewinnen. Als dieser endlich erscheint, beauftragt Saunders Max (Jonas Hein) auf Merelli aufzupassen. Dieser ist in Begleitung seiner sehr temperamentvollen und eifersüchtigen Frau Maria Merelli (Roberta Valentini). Maggi (Jeaninne Michele Wacker), die Tochter des Operndirektors und Freundin des eher schüchternen Assistenten Max, ist wahnsinnig aufgeregt und will Merelli für sich gewinnen. Gleichzeitig erhofft sich die Operndiva Diana Divane (Navina Heyne), Freundin des Operndirektors, ebenfalls eine Affäre mit dem Tenor, um ihre Karriere voran zu treiben. Nach einem bösen Krach zwischen Tito und Maria Merelli, die Maggi mit einem Strauß Rosen im Wandschrank entdeckt, lässt sie ihn allein im Hotel zurück. Tito schluckt zu viele Beruhigungspillen, Max bekommt ihn nicht wieder wach und so beginnt das Chaos. Als Ersatz muss Max herhalten, der sich nun mit Kissen, Schminke und Kostüm ausgerüstet, als Merelli ausgeben soll. Er singt die abendliche Vorstellung, doch als im Hotel plötzlich drei verschiedene Otellos auftauchen, ist die Verwirrung groß.

 

Die Bühne bestand aus einer großen Kulisse, die zwei verschiedene Szenarien darstellte. Auf der einen Seite befand sich die Hotellobby, auf der anderen die Suite, in der Merelli wohnte. Im Mittelteil war ein Gang, der zu den verschiedensten Türen führte. Diese Türen, die natürlich entsprechend oft genutzt wurden, gaben dieser Komödie vor allem im 2. Akt den richtigen Charakter und brachten den kompletten Zuschauerraum zum Lachen.

Das Kostümbild von Ulv Jakobsen blieb relativ zeitlos. Nur die Operngarderobe der Diven, sowie Maggis Premierenoutfit beinhalteten Merkmale der 20er und 30er Jahre. Frack, sowie Anzug wird noch heute so getragen, wie zu dieser Zeit. Dennoch wirkte das Bild sehr stimmig und natürlich, der Wert wurde auf ruhige und gedämpfte Farben gelegt.

Titos Outfit jedoch war im Gegensatz auffällig hell gehalten, ohne künstlich auszusehen.

 

Und nun zu den einzelnen Charakteren, sowie Darstellern:

 

Henry Saunders, der Operndirektor, wurde von Dirk Audehm gegeben. Wo er am Anfang akustisch noch schwer zu verstehen war, was sicher der Ton-Technik zu Laste fällt, besserte es sich stetig, bis wir so gut wie jedes Wort verstehen konnten. Saunders scheint ein wenig egozentrisch und verzweifelt, als nicht alles so ganz nach Plan läuft. Das bringt Audehm sehr realistisch auf die Bühne. In seinen humorvollen Sequenzen bringt er die Zuschauer zum Lachen und fast auch ein wenig Mitleid kann er bei mir erhaschen, als er immer wieder von den drei Operndiven, allesamt seine Ex-Frauen, aufgesucht wird.

 

Jonas Hein verkörpert den zu Anfangs zurückhaltenden und konservativen Assistenten Max mit Gesangs-Hobby. Dieser ist der Freund der Tochter des Operndirektors, Maggi Saunders. Max durchlebt in dieser Komödie eine menschliche Entwicklung, die man ihm sofort abnimmt. Von dem kleinen Max, der sich selbst ein wenig unterschätzt, wächst er zum Klon des Startenors Merelli heran. Durch sein Privat-Coaching von dem echten Merelli, kann er sich selbstsicher auf die große Opernbühne begeben und kann den Zuschauer des Bielefelder Theaters absolut überzeugen. Auch seine Beziehung zu seiner Freundin Maggi, die von Jeannine Michele Wacker gespielt wird, wird auf die Probe gestellt. Sie nimmt ihn nicht für voll, und reibt ihm ständig unter die Nase, wie sehr sie sich nach einem richtigen Mann, wie Merelli sehnt. Diese leicht provokante Note, die Wacker der Rolle mit in die Stimme legt, obwohl sie gleichzeitig ziemlich nervös ihrem Auftritt bei Tito Merelli entgegenfiebert, konnte man ihr sehr gut abnehmen. Stimmlich brillierte sie bereits bei ihrem ersten Solo und begleitete das ganze Stück mit immer wiederkehrender Komik.

 

Tito Merelli, der große Tenor des Abends, wurde von Joshua Farrier gespielt. So groß wirkt er jedoch nicht, denn der Zuschauer erfährt schnell, wie sanftmütig und zerbrechlich Merelli ist. Vor allem als seine Gemahlin Maria, gespielt von Roberta Valentini, ihn zur Schnecke macht, weil sie Maggi, die sich mit Rosen im Schrank versteckt hat, entdeckt. Merelli ist stimmlich eine große Nummer und auch schauspielerisch so, wie ich es mir vorgestellt habe. Roberta Valentini gibt äußerst authentisch die italienische, eifersüchtige und seeehr temperamentvolle Frau. Ich vermute niemand, der Valentini in dieser Rolle erlebt, wird sich jemals wieder trauen ein schlechtes Wort über sie zu verlieren. Neben lautstarken Flüchen mit italienischem Dialekt, sowie Blicken, die man lieber nicht abbekommen will, zeigt aber auch sie eine sanftere Seite, als sie sich entschließt ihrem Mann eine neue Chance zu geben. Am Ende finden auch die zwei zurück zueinander und geben ihrer Liebe eine neue Chance.

 

Die restliche Cast, sowie der Opernchor des Theater Bielefelds, füllen die Bühne und geben in einzelnen, kleineren Rollen ihren Senf dazu. Humorvoll bleibt es so gut wie in jeder Szene, was diesem Abend einen super erfrischenden und leichten Schliff gab. Jedoch muss ich auch hier über den Opernchor "meckern". Wieder einmal schien es sehr erzwungen und gekünstelt, was einige Mitglieder hier auf der Bühne ausstrahlten, was ich als sehr schade empfand. Würden sie hier mit der selben Begeisterung, wie ihre Kollegen des Musical-Fachs auftreten, so hätte das ganze Stück noch eine viel humorvollere Energie.

 

Leider kann ich auch hier nur die Nachricht verkünden, dass die letzten beiden Vorstellungen, am 19.01. und 20.02.2020, restlos ausverkauft sind. Auch hier hätte jeder die Empfehlung von mir erhalten, der gerne mal einen lockeren und erfrischend lustigem Abend im Theater erleben möchte. Liest hier jemand mit, der noch Karten ergattern konnte, so wünsche ich demjenigen einen tollen Abend.

 

Alles Liebe und bis zum nächsten Mal,

 

 

Eure Judith

 

(Copyright: Bilder von Bettina Stöss)